Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

Scheibenbremsen, Trommelbremsen, Bremskraftverstärker, Hauptbremszylinder, Hydraulik...

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Z320
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Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#1

Beitrag von Z320 »

So, einen hab´ich noch:

vorab möchte ich mich ausdrücklich bei AndreasP bedanken, dem einzigen der hier immer
wieder darauf hinweist, dass Bremsbacken passend zur Bremstrommel abgedreht werden müssen.

Auf andere Empfehlung habe ich mir aber erst neue TWR Bremsbacken GS6067 bestellt
(G6067 gab es nicht), beworben mit "für 229 mm optimiert" (9 Zoll = 228,6 mm), Die sind zwar besser
aufgelegen als meine alten Billig-Bremsbacken, in der Trommel gewippt haben die aber noch immer.

Auf diese selbst gebauten Halterung für die Drehbank aufgespannt (eine Planscheibe habe ich nicht)
habe ich dann einen Durchmesser von 228,0 - 228,2 mm gemessen. Dies aber mit einem Rundlauf
jenseits von gut und böse (natürlich nur von Hand gedreht!).

Bild

In wenigen Veröffentlichungen im Internet habe ich ein Maß der „genau“ geschliffenen Backen
von Trommeldurchmesser minus 0,2 bis 0,6 mm gefunden. Und leider kann kein Hersteller in Kleinserie
besser passende Backen für irgendwie abgefahrene Trommeln herstellen, wenn noch NOS
und Nachfertigungen mit Originalmaß verkauft werden. „Optimiert für 229 mm“ heißt daher: 228 mm.
Nix war´s mit besser passend...

Meine Trommeln messen 230,5 mm und 230,0 mm, entsprechend habe ich die
Bremsbacken 1 mm größer gespannt, in 0,25 mm Schritten bei 60 U/min auf ca. 230,1 mm
und 229,6 mm abgeht und leicht nachgeschmirgelt. Das ging ganz easy und bremst jetzt
wirklich sehr gut. Und die Handbremse funktioniert jetzt erstmals richtig gut.

Bild

Wie gesagt, herzlichen Dank an dich Andreas!
Grüße Marco
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#2

Beitrag von darock »

Wenn es einen Like Button gäbe, ich würde ihn jetzt drücken ;D

Bernhard
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Willi
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#3

Beitrag von Willi »

Gut gemacht, aber bevor jetzt alle zur Dreherei rennen (oder schlimmer: bei Ebay alle Planscheiben aufkaufen): dass die Reibungskraft unabhängig von der Kontaktfläche ist sollte bekannt sein (Amontonssches Gesetz). Man erreicht also keine Verbesserung der Bremsleistung, sondern hat lediglich das Kippeln der Beläge in der Bremstrommel minimiert.

Willi
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#4

Beitrag von AndreasP »

Willi hat geschrieben: dass die Reibungskraft unabhängig von der Kontaktfläche ist sollte bekannt sein (Amontonssches Gesetz). Man erreicht also keine Verbesserung der Bremsleistung, sondern hat lediglich das Kippeln der Beläge in der Bremstrommel minimiert.
Willi
Theoretisch stimmt das. Aber nur theoretisch!
Man kann über eine kleine Fläche nur eine begrenzte Reibkraft erzeugen. Einfach zu sagen: Druck ist Kraft/Fläche , funktioniert nicht. Sonst wäre 4 oder 6 Kolben Bremssättel für große Beläge eine Erfindung der Werbeabteilung.
Bei Motorrad Trommelbremsen merkt man den massiven Unterschied zwischen neuen Belägen zu eingeschliffenen. Dabei ist es egal, ob sich die Beläge im Laufe von vielen hundert Bremsungen an den Durchmesser der Bremstrommel angepaßt haben, oder ob sie perfekt gefertigt (abgedreht) wurden. Bei Classic Racern ist das eine Selbstverständlichkeit und wird noch heute so gemacht.

Marco hat mit seinen Bildern eindrucksvoll gezeigt, wie es geht. Eine so vorbereitete Bremse ist immer überlegen, da sie bereits nach nur ganz wenigen Bremsungen die volle Leistung erreicht.

VG Andreas
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#5

Beitrag von Willi »

Das ist falsch. Bremsbacken müssen nicht der Trommel angepasst werden, um max. Bremsleistung zu erreichen. Das habe ich auch noch nie in irgendeinem WHB gelesen (und WHBücher sind meine Lieblingslektüre). Es gibt nun mal das seit 400 Jahren bekannte Gesetz, dass die Reibungskraft unabhängig von der Fläche ist. Auch wenn das an Stammtischen anders gesehen wird.

Experiment aus dem Physikunterricht: auf einer schiefen Ebene liegt ein Würfel vom Gewicht "G". Die schiefe Ebene wird steiler gestellt, bis der Würfel ins Rutschen kommt und der Winkel notiert. Jetzt wird der Würfel durch einen Quader aus gleichem Material ersetzt, der die doppelte Auflagefläche aber das gleiche Gewicht hat. Das Experiment wird widerholt. Der Quader setzt sich bei genau dem gleichen Winkel in Bewegung.

Ich könnte mir vorstellen, daß sekundäre Effekte (Erhitzung) sich bei grösserer Auflagefläche später bemerkbar machen. Aber das ist vernachlassigbar. Wahrscheinlich wird durch das Abdrehen des Belags (Aufrauhen) der Reibwert kurzzeitig erhöht. Dadurch ergibt sich die bessere Bremswirkung, die allerdings nach kurzer Zeit, wenn die Bremse ein wenig gearbeitet hat, wieder verschwindet.

Willi
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#6

Beitrag von Z320 »

Sorry, dass ich mich nochmals melde, obwohl ich ja in "Summertime" bin.
Tatsächlich ist Reibung von der Fläche unabhängig und darüber habe ich vorab auch nachgehirnt.

Dann bremst aber eine Bremse so gut wie zwei Bremsen?
Und eine kleine Moped-Trommelbremse so gut wie eine große Pkw-Trommelbremse?
Stimmt was nicht, oder?
Zuletzt geändert von Z320 am 15.04.2015, 10:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#7

Beitrag von darock »

Der Faktor der Dosierbarkeit wird in all dem außer acht gelassen. Eine Bremse mit mehr Reibfläche ist immer besser dosierbar als eine mit weniger. Das ist unter anderem auch der Hauptvorteil einer Mehrkolbenbremse. Wenn man kontrollierter an der Blockiergrenze arbeiten kann wird der Bremsweg geringer.

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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#8

Beitrag von AndreasP »

Willi hat geschrieben:Das ist falsch. Bremsbacken müssen nicht der Trommel angepasst werden, um max. Bremsleistung zu erreichen. Das habe ich auch noch nie in irgendeinem WHB gelesen (und WHBücher sind meine Lieblingslektüre). Es gibt nun mal das seit 400 Jahren bekannte Gesetz, dass die Reibungskraft unabhängig von der Fläche ist. Auch wenn das an Stammtischen anders gesehen wird.
Willi
Hallo Willi,

denk mal 50 Jahre zurück.
Rennmotorräder hatten alle nur Trommelbremsen. Gebaut wurden sie von Ceriani oder Fontana, und später auch von den Japanern.
Schon damals kamen nur Duplex Bremsen in Frage und keine Simplex, wie beim Triumph. ( Ja, ein Motorrad rollt nicht rückwärts )
Alle besseren Bremsen waren Doppel Duplex Bremsen. Wenn die Belagfläche neben dem Durchmesser unwichtig wäre, hätte man sich damals den ganzen Aufwand sparen können.
Ich glaube, daß das Experiment aus dem Physikuntericht sicher richtig ist, aber hier geht es um die max. zu erzeugende Reibung.

VG Andreas
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#9

Beitrag von Willi »

Du wirfst einges durcheinander. Die Reibungskraft ist nun mal Faktor mal Normalkraft (bei der iPad Tastatur ist kein Zeichen für "Müh"). Der Faktor ist dimensionslos. Also geht die Fläche auch nicht ein. Lese bitte die kurze aber wie ich finde verständliche Darstellung in der Wikipedia. Es widerspricht zwar der Stammtischlogik, ist aber nicht wegzudiskutieren.

Man kann ein Auto nicht mit einer Moped Bremse stoppen, weil es um Energieumwandlung geht. Die kinetische Energie des Fahrzeugs (Kin. Enerie= Masse x Geschwindigkeit) muss in Wärme umgesetzt werden. Dazu gehört natürlich eine gewisse Dimensionierung der Bauteile. Das ist aber eine andere Baustelle und hat mit Reibungskräften nichts zu tun.

Es gibt "selbstverstärkende" Bremsanlagen, bei denen durch cleveres Design der auflaufende Bremsschuh eine Art Keilwirkung hat und dadurch höhere Normalkräfte entstehen als durch Ziehen am Zug oder Treten auf die Bremse möglich wäre. Auch das ändert aber nichts an den physikalischen Grundlagen.

Willi
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#10

Beitrag von yxc »

...so in etwa ist es. Habe es an anderer Stelle schonmal beschrieben. Bremsleistung ist Umwandlung von kinetischer Energie in wärme(Energie). Bei klein dimensionierten Bremsen ist eben die Abfuhr der Wärme das bottleneck! Es hilft nix,durch Bremskraft- oder reibwerterhöhung die theoretische bremsleistung signifikant zu erhöhen, wenn dadurch ein Wärmestau einhergehend mit Fading die direkte Folge ist!
In sofern ist schon was dran,dass Beläge flächig anliegen und sich einebessere wärmeverteilung einstellt . Gerade im Belag führt punktuelles, nichtflächiges Anliegen zur Verglasung durch lokales überhitzen.
Deshalb auch mehrkolbenzangen bei der Scheibenbremse,um flächiges Anliegen großer bremsbeläge zu gewährleisten...innenbelüftete Scheiben,...etc...etc...


Viele Grüße
Jürgen
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#11

Beitrag von Willi »

Dann sollte aber auch noch erwähnt werden, dass sich Trommeln und Scheiben ungleich schneller aufheizen als die Beläge, weil sie durch geeignete Werkstoffauswahl einen wesentlich höheren Wärmeleitkoeffizienten haben. In wie weit das Anliegen der Bremsbeläge an Trommel oder Scheibe eine Auswirkung auf die Wärmeabführung hat kann ich nicht quantifizieren, vermute aber das es minimal ist.

Willi
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#12

Beitrag von AndreasP »

Hallo,

habe grade mit einem Kunden gesprochen, der in der Entwicklung und Prüfung bei der Firma Bremskerl arbeitet. Bremskerl liefert Reibbeläge für viele Eisenbahnen in Europa und Trommelbremsbeläge für LKWs, Baumaschinen und viele andere Anwendungen.
Als ich ihn auf das Abdrehen von Belägen angesprochen habe, grinste er und sagte: "Das machen wir immer vor Prüfstandsmessungen. Erst wenn die Beläge voll tragen, kann der Reibwert gemessen werden weil dann die Beläge voll tragen und belastet werden können."

Viele Grüße
Andreas
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#13

Beitrag von Josa »

Mich würde mal interessieren, wie perfekt der Rundlauf bei den neu gefertigten Trommeln ist ober ob die auch ausgedreht werden sollten...

Gruß Josa
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#14

Beitrag von cerbe »

Hallo
weiß jemand ob man die neuen Beläge auch "einbremsen" kann damit sie sich der Form der Bremstrommel anpassen und ausrichten.

Oder bleiben die nicht abgedrehten Beläge immer schlecht?

Gruß Christian :?
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Re: Bremsbacken abdrehen / brake shoe grinding

#15

Beitrag von yxc »

...Bremsbeläge müssen nach dem Wechsel immer vollbremsungsfrei 'eingebremst' werden! Scheibenbremsbeläge passen sich dann der Rillierung der Scheiben an, Trommelbremsbeläge tun das auch , es dauert aber aufgrund der grösseren Flächen deutlich länger...
Wird dies nicht gemacht, kommt es zu lokalen Überhitzungen des Belages > 'Verglasung'...

VG
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